Skip to main content
Neugier - Herausforderung - Erfahrung
deutsch

Alkoholabbau und Robenwurf | Alcohol decomposition and throw of a robe

Alkoholabbau und Robenwurf

An einem 23. Dezember hatte ich vor vielen Jahren beim Amtsgericht eine Hauptverhandlung wegen Alkohols am Steuer. Mein Mandant war für eine internationale Baufirma lange Zeit in Indien tätig und war nur etwa alle Vierteljahr in Deutschland: so im September, als er bei der Alkoholfahrt erwischt wurde, an Weihnachten – deshalb dieser Verhandlungstermin, und danach erst wieder an Ostern.

Deshalb war es wichtig, in diesem Termin zu einem Ergebnis zu kommen, da eine kurzfristige erneute Verhandlung nach Weihnachten nicht möglich gewesen wäre, sondern erst wieder zu Ostern.

Die Situation hinsichtlich des Alkohols war die, dass der Mandant gegen 22 Uhr eine Blutalkoholkonzentration hatte, die derjenigen entsprach, die er gehabt hätte, wenn er auf einmal die Menge getrunken hätte, die seine Frau als Zeugin bestätigt hatte, und die Messung alsbald danach vorgenommen worden wäre. Das passte mit dem tatsächlichen Befund insofern nicht zusammen, als der menschliche Körper im Durchschnitt etwa 0,2 Promille pro Stunde Alkohol abbaut.

Am Schluss der Hauptverhandlung stellte ich deshalb einen Hilfsbeweisantrag dahingehend, dass der Körper meines Mandanten, nicht in der Lage gewesen sei, in der Zeit zwischen Trinkbeginn und Messung, Alkohol abzubauen. Als Hintergrund dazu führte ich aus: Das mag an einer bislang ihm unbekannt gebliebenen Erkrankung gelegen haben, die er sich in Indien zugezogen haben könnte.

Das brachte den Staatsanwalt auf die Palme. Er sprang auf, warf wutentbrannt seine Robe auf den Boden, schrie „Wenn der damit durchkommt, gebe ich meinen Beruf auf“, stürmte aus dem Sitzungssaal hinaus und war nicht mehr auffindbar.

Der Fall wurde dann recht pragmatisch gelöst: Der Richter und ich einigten uns darauf, dass wir gemeinsam versuchen, einen Sachverständigen anzurufen, um ihn zu fragen, ob denn so etwas überhaupt möglich sein könne. Zu unserer beider Verblüffung war der Sachverständige tatsächlich erreichbar und sagte: Die gute Nachricht ist, dass es so etwas wirklich gibt, nämlich bei einem bestimmten Volksstamm in Indien – die schlechte: diese Krankheit ist genetisch bedingt und nicht ansteckend.

Das Ergebnis war schließlich ein wohlwollendes Urteil, das sich am unteren Rahmen der sonst üblichen Verurteilungen gehalten hat. Als der Mandant wieder ganz nach Deutschland zurückkam, durfte er wieder fahren.